Folter und Todesstrafe
Todesstrafe und Hinrichtung waren seit der Antike ein gängiges Mittel der Machtausübung. Mord an Konkurrenten (Beispiele: Cäsar, Maria Stuart) oder Tötung von Aufmüpfigen (Beispiele: Sokrates, Jesus) waren nicht ungewöhnlich. Das Leben von → Sklaven war sowieso nichts wert, mit ihnen konnte der Besitzer nach Gutdünken verfahren, denn sie waren sein Eigentum wie Haustiere.
Im Mittelalter waren schon für Delikte wie Diebstahl oder Ehebruch harte körperliche Bestrafungen üblich, z.B.Abhacken der Hand, Geißelung, Stockhiebe oder stundenlanges Aufhängen hinterrücks an den Armen oder kopfüber an den Beinen.
Bei schwerwiegenderen Delikten wie Gotteslästerung, Besessenheit vom Teufel, Aufruhr gegen die Obrigkeit usw. pflegten die Machthaber vor der Tötung der Beschuldigten oder in Ungnade Gefallenen Foltertechniken anzuwenden, um Geständnisse zu erzwingen.
Zur Einschüchterung und Abschreckung der Bevölkerung wurden manche Folterungen und die meisten Hinrichtungen öffentlich durchgeführt.
Es gab viele brutale Ausführungsarten der Todesstrafe:
Steinigen, Rädern, Kreuzigen, Erhängen am Galgen, Köpfen, Teeren und Federn, Pfählen, Erwürgen, Verbrennen bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen und andere mehr.
Hexerei galt als Offizialdelikt, ähnlich der Gotteslästerung oder Atheismus. Letzlich konnte jedes abweichende Verhalten als Hexerei verleumdet werden. Der Hexen-Vorwurf traf meist Frauen. In Deutschland wurden zehnmal mehr Menschen als „Hexen“ verbrannt als im gesamten restlichen Europa. Aus Beeck und Wegberg sind keine Hexenprozesse überliefert. Angesichts vieler dokumentierter Fälle in naher Umgebung ist es aber auch nicht auszuschließen, dass es solche gegeben hat. (UD)
Im Bereich Wassenberg soll es rund 50 Hexenverbrennungen gegeben haben. Hebammen und „Kräuterfrauen“ waren besonders gefährdet: sie konnten nach einer Denunziation zur „Hexe“ erklärt werden, wenn sie Geburtshilfe geleistet hatten und sich das Neugeborene als behindert herausstellte.
(UD) unter Bezug auf den Artikel „Gespielte Geschichte“ aus:
Rheinische Post – Erkelenzer Zeitung vom 21.6.2017, Seite C1
Noch im Jahr 1738 ist im Rheinland eine „Hexen“-Verbrennung mit vorhergehender Teufelsaustreibung und inquisitorischer Folter („peinliche Befragung“) vorgekommen. Die Frauen Agnes Olmans und Helena Curtens wurden in Düsseldorf-Gerresheim wegen „wegen erwiesener Teufelsbuhlschaft und Gotteslästerung“ öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
(UD) Einen ausführlichen Bericht findet man bei:
www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/C/Seiten/HelenaCurtens.aspx (am 21.4.2017)
Die Hexenverbrennung hat sich bis in die heutige Zeit in manchen Gegenden Deutschlands und der Niederlande als Karnevalsbrauch erhalten.
Die Todesstrafe selbst war weder bei den deutschen Fürsten noch bei Napoleon noch in der Kirche umstritten. Sie wurde regelmäßig bei schweren Verbrechen verhängt. Als schwere Verbrechen galten neben Mord und Totschlag auch Majestätsbeleidigung, Gotteslästerung, Gottesverleugnung und Hexerei. Die katholische Rechtfertigung der Todesstrafe bezieht sich auf den Kirchenlehrer und Philosophen Thomas von Aquin (1225-1274). Er brandmarkte die Abweichung von den Kirchendogmen als „Häresie“, für die die Todesstrafe angemessen sei, denn ein solches Vergehen sei schlimmer als Falschmünzerei, für die es bereits die Todesstrafe gebe. Thomas von Aquin lieferte damit auch die theoretische Rechtfertigung für die mittelalterliche Inquisition, die bis ins 18. Jahrhundert fortwirkte (wie beim zuvor erwähnten Hexenprozess). Thomas von Aquin wurde im Jahr 1323 von der katholischen Kirche heilig gesprochen.
Der katholische Dominikaner-Orden war seit dem 15. Jh. eine treibende Kraft bei Inquisition und „Hexen“-Verfolgung. In leichter Abwandlung ihres Namens wurden sie als „domini canes“ bezeichnet. Dieser lateinische Ausdruck bedeutet „Hunde des Herrn“ und kennzeichnet ihre Rolle als Verfolger und Zerfleischer der beschuldigten Menschen.
Inquisition fand auch in der hiesigen Region statt, wie dieser Bericht zeigt:
Bei dem Dörfchen Tüschenbrolch, in dessen Umgebung viele Sümpfe und Moore sind, liegt eine alte Burg, die zur Zeit der spanischen Herrschaft (in den Niederlanden) der Sitz eines Inquisitionsgerichts war. Noch findet man daselbst eine Messerpfütze, worin diejenigen, welche verurtheilt waren, den Tod fanden. Diese Mordmaschine war so mit Messern gespickt, daß die unglücklichen Opfer nur zerstückelt in die ungeheure Tiefe hinabstürzten. |
Einen Überblick über die gängigsten Folter- und Hinrichtungs-Arten kann man hier gewinnen:
http://www.bramdals-hauffen.de/folterarten.html
http://www.bramdals-hauffen.de/hinrichtungsarten.html
Die meisten mit der Rechtfertigung der „wahren Religion“ verhängten Todesurteile sind im Namen der katholischen Kirche verhängt und vollstreckt worden. Aber auch das protestantische Christentum verfolgte Menschen, die einen anderen Glauben hatten:
Vor den Toren Genfs hatte man einen Scheiterhaufen aus frischem Holz und grünem Laub für ihn errichtet: Hier, in Champel, wurde er am 27. Oktober 1553 als Ketzer hingerichtet, der spanische Arzt und Humanist Miguel Servet. Die über ihn verhängte Todesart des langsamen Verbrennens auf schwachem Feuer bei lebendigem Leib galt als so grausam, dass selbst die Inquisition sie nur selten anwandte, und so steht sein Schicksal für eine gern vergessene Seite der Reformation. […] Servet hatte sich eines angeblichen Glaubensirrtums schuldig gemacht: Er lehnte die Kindertaufe ab, genau wie – und das war noch gewichtiger – die Trinitätslehre. Diese war im 7. Jahrhundert endgültig zum Dogma erhoben worden und galt auch den meisten reformatorischen Theologen als sakrosankt. Ihr zufolge war Christus in allem wesensgleich mit Gott, dem Vater. Guillaume Farel, ein Parteigänger des Genfer Reformators Johannes Calvin, begleitete Servet auf seinem letzten Gang und war Zeuge, wie dieser auf dem Scheiterhaufen ausrief: „O Jesus, Sohn des ewigen Gottes, erbarme dich meiner!“ In seinem Bericht bemerkte Farel, dass Servet sich hätte retten können, wenn er in seinem Ausruf das Wort „ewig“ an eine andere Stelle gerückt und sich zu „Christus, dem ewigen Sohn Gottes“, anstatt zu „Christus, dem Sohn des ewigen Gottes“, bekannt hätte. […]
Der Staat als das „weltliche Schwert“ hatte nach Calvins Ansicht der Kirche uneingeschränkt bei der Durchsetzung ihrer Lehre zu dienen.
www.zeit.de/zeit-geschichte/2014/03/protestantismus-johannes-calvin
Im Jahr 1740 übernahm Friedrich II (später „Friedrich der Große“ und „der Alte Fritz“ genannt) als König die Regierungsgewalt in Preußen und behielt sie bis zu seinem Tod 1786. Er vertrat einen „aufgeklärten Absolutismus“ und setzte einige Reformen in seinem Königreich durch. Dazu gehörte neben dem Ausbau des Schulsystems auch die Abschaffung der Folter. Die Todesstrafe blieb aber erhalten. Sie hatte Bestand auch
— unter der napoleonischen Besetzung 1794 – 1815
— in preußischer Zeit 1815 – 1918
— in der Weimarer Republik 1918 – 1933
— in der Nazi-Diktatur 1933 – 1945
In der Bundesrepublik Deutschland ist die Todesstrafe seit Inkrafttreten des Grundgesetzes im Jahr 1949 abgeschafft. Bis kurz davor fanden noch Hinrichtungen mit dem Fallbeil statt.
In Frankreich wurde die letzte Todesstrafe 1977 vollstreckt. 1981 ist durch Gesetz die Todesstrafe auch in Frankreich abgeschafft worden, 2007 wurde sie auch aus der französischen Verfassung gestrichen.
Die katholische Kirche schließt laut ihrem Katechismus von 1992 die Todesstrafe in schwerwiegendsten Fällen einer Gefährdung der Gemeinschaft nicht aus, nennt aber unblutige Mittel der Menschenwürde angemessener. Im Jahr 2001 streicht der Vatikanstaat die Todesstrafe aus seiner Verfassung (im Kirchenstaat wurde zuletzt 1870 ein Todesurteil vollstreckt). Im Juni 2016 verurteilt Papst Franziskus die Todesstrafe unter allen Umständen.
(UD) unter Verwendung von
https://de.wikipedia.org/wiki/Todesstrafe
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_von_Aquin
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