Gripekoven

Es gibt nur eine Straße:  In Gripekoven.

1930 sah es in diesem abgelegenen Dorf so aus:

Gripekoven 1930

Gripekoven hat eine kleine Kapelle, die der Pfarre Beeck zugeordnet war, so lange diese noch selbstständig war (bis 2012). Seit 2013 gehört sie zur fusionierten Pfarre St. Martin in Wegberg.

Im 14./15. Jahrhundert muss es in Gripekoven eine → Wassermühle am Mühlenbach/Alsbach gegeben haben. Davon sind keine Relikte mehr erhalten. Der Alsbach entspringt bei Rheindahlen und mündet als Mühlenbach zwischen Rickelrath und Schwaam in die Schwalm. Er bildet auf einem langen Abschnitt die Grenze zwischen Beeck/Wegberg und Rheindahlen/Mönchengladbach. 

Karte Gripekoven 1810Karte Gripekoven 2017

Karte Gripekoven 1826
Urkatasterkarte von 1826 – drauf klicken!

Im Gripekovener Feld wurden Sandsteine mit römischen Schriftzeichen, Ziegeln und Speerspitzen als Reste römischer Waffen gefunden. Sie belegen die Existenz eines Hofes am Quellgebiet des Alsbaches. Dass hier bereits zur Jungsteinzeit gesiedelt wurde, belegen entsprechende Bodenfunde. Viele Funde wurden vom Landwirt Erwin Clever gemacht und sind auf seinem Hof zu besichtigen.
http://www.npr-meinweg.eu/download/1/Von_Rittergut_zu_Rittergut_D.pdf   (am 25.2.2017)

Der Ortsname Gripekoven ist vermutlich zurückzuführen auf die Frankennamen Gripo bzw. Grippo, die um 800 gebräuchlich waren, und bedeutet „Rodung des Gripo“.

Im Mittelalter war Gripekoven der Adelssitz der Herren von Gripekoven. Urkundlich wurde hier eine Burg/Motte zum ersten Mal 1225 genannt. Sie war Allodialbesitz, also kein Lehen sondern Eigentum des Burgherrn.

Goswin von Gripekoven und sein gleichnamiger Sohn werden als Zeugen im Jahr 1240 in einer Urkunde Otto II. von Wickrath und im Jahr 1259 in einer Urkunde des Burgrafen Hermann von Wassenberg genannt. Der ältere Ritter Goswin fand 1271 noch einmal Erwähnung, der jüngere Goswin war 1277/78 Rat des Herzogs von Limburg.

Ein Gerhard von Engelsdorf erwarb 1303/04 die Burg Alt-Gripekoven und sicherte sich dadurch die alten Ritterrechte. Er hatte gute Beziehungen zum Markgrafen von Jülich und führte zeitweise in dessen Diensten die Regierungsgeschäfte. In den nächsten Jahren ließ er rund 250 Meter östlich die neue Burg Gripekoven errichten. Die alte Burg wurde als Herrensitz aufgegeben und verfiel. Die neue Burg Gripekoven wurde im Jahre 1326 fertiggestellt. Für die Versorgung der Wassergräben wurde der Alsbach umgeleitet und in mehreren Terrassen aufgestaut. Am Ende der Aufstauung wurde eine Mühle errichtet, die mit dem Stauwasser angetrieben werden konnte. Auch nach dem Abriss der Burg existierte das bäuerliche Anwesen (der Gripekovener Hof) weiter und blieb trotz der im Folgenden berichteten Ereignisse freies Hofgut bis 1802.

 

In der Bodenreliefkarte ist die Motte deutlich erkennbar:
Bodenrelief Gripekoven

 


Nach alter Überlieferung hatten sich Mitte des 14. Jahrhunderts etliche Rittersleute um die Gripekovener Ritter-Brüder Goswin und Arnold von Zievel geschart. Sie hatten sich vom Jülicher Landesherrn und von Recht und Gesetz abgewandt und machten die ganze Gegend bis nach Maastricht unsicher. Auch Franko von Moorshoven, ein Sohn des Adam von Moorshoven, war unter diesen Banditen. „Schnapphähne“ war eine damals übliche Bezeichnung für berittene Wegelagerer (Raubritter). Sie überfielen reiche Kaufleute, die als reisende Händler unterwegs waren, erleichterten sie um Geld und Wertgegenstände, sperrten sie in einem sicheren Versteck ein und erpressten Lösegeld von der Kaufmannsfamilie. Die nach der Pestepidemie aus den Fugen geratene gesellschaftliche Ordnung erleichterte ihnen ihre Missetaten. 

Im Jahr 1354 wurde zur Befriedung ein Heer der Grafen von Jülich und Heinsberg, des Kölner Erzbischofs und der Städte Köln und Aachen in Marsch gesetzt und belagerte die Burg Gripekoven. Nach mehrwöchiger Belagerung übergaben die Belagerten ihre Burg, die anschließend dem Erdboden gleichgemacht wurde. Weil die Schnapphähne dem Adel angehörten, mussten sie sich nicht einem Gerichtsverfahren stellen oder wurden am nächsten Baum aufgeknüpft, wie es wohl anderen Wegelagerern gegangen wäre. Ihnen wurde freier Abzug unter Mitnahme von allem Burg-Inventar gewährt. Nur Schadensersatz mussten sie leisten, wozu auch die Steine und Eichenbalken der Burganlage gehörten. Die neue Gripekovener Burg bestand also nur rund 30 Jahre. Reste der Burganlage sind im Boden des feuchten Bruchlandes bei Gripekoven und auf der Tranchot-Karte von 1801 ff (siehe oben) noch zu erkennen. Auch in der Deutschen Grundkarte sind die Bodendenkmäler eingetragen (siehe unten).

Gripekovener Motten

   (UD)  unter Verwendung von :
>   https://de.wikipedia.org/wiki/Gripekoven   (am 6.2.2017)   und 
>   http://www.maiss-mueller.de/schloesserheinsberg/schloesserheinsbergwegberg/grippekoven/index.html  (am 14.2.2017)    [diese Quelle zitiert aus:   http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=4351 ]
>  Anton Vasters, Haus Morshoven und seine Besitzer (1242 – 1994),   in:  Heimatkalender des Kreises Heinsberg 2004 (Hg.: Kreis Heinsberg), S. 15-28
>
 Anton Vasters, Die Niederungsburg Alt-Gripekoven,   in:  Aus der Geschichte des Erkelenzer Landes (Schriftenreihe des Heimatvereins der Erkelenzer Lande Nr. 24), Erkelenz 2010 , S. 48-60

Ob die Überlieferung (auch bezüglich der handelnden Personen) so stimmt oder arg ausgeschmückt wurde, ist nicht ganz klar. Eine recht blumige Variante klingt so:
Zwischen 1300 und 1350 entwickelte sich Gripekoven zum gefürchtetsten Raubritternest am Niederrhein. Sogar zum Kaiser Karl IV. in Prag drang die Kunde von den Untaten der Gripekovener Raubritter und von der Unsicherheit des hiesigen Landes. 
Gerade im Erkelenzer Land, welches von der Handelsstraße Köln-Antwerpen durchschnitten wurde, häuften sich um 1350 die Überfälle und Gewalttaten. Wie aus alten Quellen hervorgeht, stand es „übel im Lande und viel Unfug und Gewalt geschieht und wird täglich verübt auf den Straßen und im Lande dem Kaufmanne, den Pilgern, Priestern und Rittern und anderen Leuten, einheimischen und fremden durch Gefangennahme, durch Raub und Mord und durch heimlichen und öffentlichen Brand und dieser Unfug und diese Gewalttaten mehren sich und vermindern sich nicht von Tag zu Tag“. Es waren Goswin und Arnold von Cevel, ihr Knappe Johann von Dryele und weitere vierundvierzig Räuber, welche es sich nach einem gelungenen Raubzug auf Burg Gripekoven wohl ergehen ließen und Spottreden über den Kaiser und seine Bemühungen um Landfrieden verbreiteten. Sie fühlten sich auf ihrer Wasserburg sicher. 

Doch plötzlich änderte sich die Lage der Raubritter auf Burg Gripekoven. Der Kaiser beauftragte den Herzog von Jülich und den Grafen Dietrich von Loon, sich dem Landfriedensbund anzuschließen und die gesamte Macht des Bundes einzusetzen um dem Raubrittertum ein Ende zu bereiten. So kam es, dass ein Aufgebot des Erzbischofs von Köln, des Herzogs von Brabant, des Herzogs von Jülich, des Grafen von Cleve sowie der Städte Köln und Aachen unter der Leitung von Dietrich von Loon sich zur Belagerung Gripekovens aufmachte. Es wurden 300 bewaffnete Ritter und Knechte sowie 1000 Mann mit Schüppen und Spaten entsandt, um dem wilden Treiben der Raubritter ein Ende zu bereiten. Am 5. Mai 1353 begann die Belagerung der Burg. Nach sieben Wochen ergaben sich die Verteidiger der Festung um nicht am Hungertod zu sterben. Die Einnahme der Burg Gripekoven durch den Landfrieden bewegte die Gemüter der Menschen damals so sehr, dass dieses Ereignis sogar noch in der Chronik von Münstereifel (1354) erwähnt wird. 
Die Anführer Arnold und Goswin Cevel mussten eine relativ geringe Summe als Schadensersatz zahlen und erhielten mit ihrer gesamten Bande freies Geleit. Die Burg Gripekoven wurde jedoch völlig zerstört, und weil die Stadt Erkelenz besonders unter den Raubrittern leiden musste, „darumb worden der Stadt die steine van demselben nederworpen slott gegeven und geschenkt, darmit der Torm der Brügporten, inwendig der Stadt gelegen, gemacht und opgebauet is“.  (vgl. Gerhard Evertz: Die Raubritter von Gripekoven, 1957; in: Heimatkalender der Erkelenzer Lande, 1957, S. 104-106). 

Sehr detailliert sind die Vorgänge um Burg Gripekoven dargelegt in:
http://www.geschichtsfreunde-rheindahlen.de/img/Geschichtsfreunde%20Rheindahlen_03_05_2009.pdf
(noch am 14.2.2017 im Netz verfügbar)

Eine weitere Variante findet sich in einer Quelle über Gerhard von Engelsdorf:
Beruf: 1322 Ritter,  Herr von Griepekoven (1318).  Titel: Truchseß von Jülich.
Erwähnung: 1322.  Gestorben 1342.  

Der Name Engelsdorf taucht zuerst in einer Urkunde des Erzbischofs Sigewin I. (1079-1089) von Köln auf. Erzbischof Friedrich II. von Köln bestätigte 1158 der Abtei Klosterrath die Besizungen zu Engelsdorf, welche diese von den dortigen Grundherren erworben hatte. Gerhard, ein Versall des Jülicher Grafen Wilhelm, sollte 1328 im Schiedsgericht zwischen dem Kölner Erzbischof Heinrich II. von Virneburg und dem Grafen Wilhelm von Jülich entscheiden. Als er im Jahr 1361 starb, fiel die Burg Engelsdorf an seinen Sohn Edmund. Seit 1326 war Gerhard von Engelsdorf Besitzer von Burg Gripekoven, bei Wegberg gelegen, als geldrisches Lehen. Sein Schwiegersohn Johann von Rheydt verpfändete 1348 die Burg an den Markgrafen Wilhelm von Jülich, der die Burg wiederum an einen gewissen Goswin von Zievel verpfändete. Da dieser ein ausgesprochener Raubritter war und von seiner Burg aus Krakauer und Münchener Kaufleute zwischen Maas und Rhein plünderte, entschloss sich der Landfriedensbund die Burg Gripekoven niederzuwerfen. Der Bund belagerte 7 Wochen lang 1354 mit den Aufgeboten des Herzogs von Brabant, des Erzbischofs von Köln und der Städte Aachen und Köln sowie Hilfsverbündeten die Burg. Die Burg wurde geschleift.
http://www.genpluswin-database.de/nofb/ofb/fbwim/index.php?id=zeig1&ia=358   (am 14.2.2017)

Über den eben genannten Johann von Rheydt verknüpft sich die Geschichte mit den Besitzern von Schloss Rheydt, die sich zeitweise ebenfalls als Raubritter betätigten:
Aus einer Motte an der Niers entwickelte sich um 1300 eine steinerne Wasserburg, die in mindestens fünf Phasen aus- und umgebaut wurde und heute als besterhaltenes Renaissanceschloss am Niederrhein gilt. Sein heutiges Aussehen verdankt es dem Einzug der niederrheinischen Adelsfamilie von Bylandt um 1500.
Die Burg Rheydt, seit 1057 im Besitz der Grafen von Kessel, wurde 1190 von Erzbischof Philipp von Heinsberg für Köln gekauft. Er belehnte damit die Familie Heppendorf, die sich ab 1263 von Rheydt nannte. Rutger von Rheydt wurde 1288 als Erster Ritter und ab 1312 Ritter und Herr von Rheydt genannt. Zu seiner Herrlichkeit gehörten auch die benachbarten Honschaften – Bauerschaften ähnliche Gemeinden – Bonnenbroich, Geneicken, Morr und Pongs. Eine stadtähnliche Entwicklung um die Burg fand jedoch nie statt. Noch im 14. Jahrhundert trug Johann von Rheydt dem Herzog von Jülich seine Burg als Offenhaus an, aber unter Gerhard von Rheydt zog im 15. Jahrhundert das Raubrittertum ein. Bestraft wurde er dafür 1443 mit der Reichsacht. Auch sein Schwiegersohn und Nachfolger Johann von Arendal hatte sich auf ähnliche Art bereichert. Nachdem er 1464 zwei Lütticher Kaufleute entführt und in Schloss Rheydt versteckt hatte, um Lösegeld zu erpressen, wurde die Burg in einer Befreiungsaktion von wütenden Lüttichern belagert, geplündert und teilweise zerstört.
Johann von Arendal verzichtete 1468 auf das Lehen; es ging zuerst an seine erste und dann an seine zweite Tochter, die mit Heinrich von Bylandt verheiratet war. Dieser wurde 1500 mit Rheydt belehnt.
Damit begann die fast 300-jährige Herrschaft der Familie von Bylandt in Rheydt, deren bekanntestes und Familienmitglied wohl Otto von Bylandt war. Er bekleidete hohe Ämter im Herzogtum Jülich-Berg. Er war zeitweise sogar kaiserlicher Rat. 1590 gelang es ihm, nachdem er die Lehnsabhängigkeit von Jülich abgelehnt hatte, Rheydt zur reichsunmittelbaren Herrschaft erheben zu lassen. Seine beiden Söhne starben kinderlos.
Nach mehrjährigen Erbstreitigkeiten ging Rheydt 1637 wieder als jülichsches Lehen an Roelmann von Bylandt. Als dessen Linie 1701 ebenfalls ohne Erben blieb, erhielt Arnold Christoph von Bylandt Rheydt als Lehen. Seine drei Söhne wurden nacheinander mit dem Anwesen belehnt. Der Jüngste, Karl Kaspar, erhielt Rheydt 1761 und behielt es, bis die französischen Besatzer unter Napoleon 1794 die Lehnsabhängigkeit aufhoben. 
Nachdem das Schloss danach im Laufe von 100 Jahren mehr und mehr verfallen war, kaufte es die Stadt Rheydt 1917.
http://www.aachener-zeitung.de/freizeit/schloss-rheydt-ein-zeugnis-der-renaissance-1.968037   (am 18.4.2017)

Der Bylandt-Familie gehörte seinerzeit auch die Wegberger Burg:
(Berck = Wegberg)

  [3]   Otto zu Bylandt, Herr zu Rheydt, Brempt, Krüchten und Berck belehnt als Unterlehnsherr des Königs von Spanien den Coen Siegers und dessen Frau Margarete Deutz von der Kaulen mit dem Hover Hof auf der Hohen Straße zu Niederkrüchten. Die Belehnten erhalten das Recht, den Hof mit einem Kapital von 100 Talern, die sie bei Peter von Lentholt, Bürger zu Erkelenz, und dessen Frau Bele Meykens aufgenommen haben, zu belasten. Der Zins beträgt 5 Taler. Als Pfand setzen sie ihr Haus, den Hof und das kleine, von Wasser umgebene Baumgärtchen an der Hohen Straße zu Niederkrüchten ein. Lehnsmannen: Goertt von Oest und Gerhard zu Blunderaedt.
1571 den 25. des Monats Septembris  
Or. Perg.,  Siegel ab.  Rückschrift betr. Wilhelm Daemen zu Erkelenz  1593 Okt. 3

  [8]   König Philipp IV. von Spanien bekennt, daß die Herrlichkeiten Krüchten, Wegberg und Brempt ihre Verpfändung an den Herrn und die Frau von (Bylandt-) Rheydt mit 2350 Gulden 10 Stübern eingelöst haben und sichert ihnen dafür zu, daß sie ständig der Krone unmittelbar unterstellt bleiben sollen. 
Brussele den neghentwintichsten Februarius.
Or. Perg.,  Majestätssiegel.  29.2.1644

Quelle:  Findbuch Niederkrüchten
https://www.kreis-viersen.de/C12575A80042ED5D/fifiles/fifindbuch_niederkruechten.pdf/$fifile/fifindbuch_niederkruechten.pdf?OpenElement (am 15.4.2017)

  

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