Prämienstraße

Den Straßennamen Prämienstraße gibt es außer in Beeck noch in 8 weiteren Orten und Städten in Deutschland: Jülich, Linnich, Alsdorf, Niederzier, Aachen, Stolberg, Titz, Hürtgenwald.
http://www.strassen-in-deutschland.de/praemienstrasse-in-deutschland-4497539.html   14.4.2016

Es gibt drei Erklärungen für diesen Namen:

  • Premiumstraße = Hauptstraße, wichtige Verbindungsstraße
  • Prämienstraße = mit Staatszuschuss („Prämie“) ausgebaute Straße
  • Prämienstraße = mit privatem Geld („Prämien“) ausgebaute Straße

In ganz Mitteleuropa setzte Mitte des 18. Jh. der staatlich geförderte und vorangetriebene Bau befestigter außerörtlicher Straßen (Verbindungsstraßen) ein; in Frankreich nannte man sie Chausseen, in Deutschland Kunststraßen. Teilweise wurden die Straßenbauarbeiten mit erzwungener Fronarbeit ausgeführt: es herrschten noch feudale Verhältnisse.

Diese Straßen hatten einen begradigten Verlauf, einen genormten festen Unterbau aus Steinen und Schotter, eine planvolle Entwässerung und eine genormte Breite. Der Oberbelag war meist ein Kies-Splitt-Sand-Lehm-Gemisch. Pflasterung oder Beton oder Asphalt/Teer-Belag kam erst viel später (im 20. Jh.) auf.

Im Rheinland begann der Bau von Prämienstraßen während der napoleonischen Besetzung und wurde vom Preußischen Staat nach 1815 fortgesetzt — allerdings wegen des bald eintretenden Finanzmangels vielfach in Mautmodellen. An bestimmten Stellen gab es Schlagbäume und Wegewärter-Häuser zur Entrichtung des Wegezolls.

Zwei historische Beschreibungen der Wege-Situation mögen die Umstände verdeutlichen:

(1)   [nach einer Aufzählung von 13 Chausseen im Reg.Bez. Aachen, darunter die heutige B57:]   Keine dieser Straßen datirt aus dem vorigen Jahrhundert; alle sind seit 1801 unter der französischen und preußischen Herrschaft angelegt und zu ordentlichen Fahrstraßen eingerichtet worden. Gute Wege, Straßen und Eisenbahnen begünstigen den Verkehr, heben Handel und Gewerbe und tragen ungemein viel zur Erleichterung des Anbaues einer Gegend bei. — In unserm Regierungsbezirke treten den Straßenbauten zwei lokal verschiedene Schwierigkeiten entgegen, deren Beseitigung mit bedeutenden Unkosten verknüpft ist. Im Flachlande, wo die erste Anlage durch das Terrain sehr begünstigt ist, fehlt es an dem geeigneten Pflasterungs- oder Deckungsmaterial, welches weit hergeholt werden muß und auch die Unterhaltung dieser Straßen immer sehr kostspielig macht. Im Stufen- und Gebirgslande dagegen, wo das Material leichter und billiger zu erhalten ist, stößt der Straßenbauer durch den häufigen Wechsel von Höhen und Tiefen, Felsgestein und wilden Bergwassern auf Hindernisse, die nicht bloß sehr langsam und mühsam, sondern auch meist nur unvollkommen beseitigt werden können.
Kaltenbach, Johann Heinrich, Der Regierungsbezirk Aachen, Aachen 1850, S. 31
(zitiert nach der bearbeiteten Version von Peter Packbier)

(2)   Die Wegeverhältnisse waren in älterer Zeit außerordentlich primitiv. Die Wege waren nur mangelhaft befestigt. Die Übergänge über die Bäche bestanden durchweg in Furten. […] setzt eine größere Tätigkeit zum Ausbau der Wege ein. In den Jahren 1845–46 wird die Hauptstraße in Wegberg gepflastert, 1850 der Ausbau der Erkelenz–Niederkrüchtener–Venloer Straße, wozu der Staat eine Prämie von 5000 Thlr. pro Meile bewilligt, […] die Beeckerstraße gepflastert; 1856 die Dorfstraße in Tüschenbroich mit einer 6 zölligen Kiesdecke versehen und die Straße Wegberg–Klinkum–Arsbeck als Prämienstraße ausgebaut (Staatsprämie 3000 Thlr. pro Meile); 1861–65 die Wegberg-Tüschenbroich-Gerderatherstraße und die Rickelrather Straße ausgebaut. 1871–73 zwei massive steinerne Brücken über Hellbach und Schrofmühlenbach erbaut. 1872–76 die Wegberg-Rickelrath-Dülkener Straße und 1873–74 die Wegberg-Klinkum-Arsbecker Straße als Prämienstraßen vollendet.
Vollmer, Adolf, Geschichte der Gemeinde Wegberg, Cöln 1912, S. 37

Die Beecker Prämienstraße ist 1854 als befestigte Straße fertiggestellt worden. Im Westen schließt sie beim Ortsteil Forst an die von Wegberg kommende Beecker Straße an.
Im Osten von Beeck setzt sie sich über Moorshoven/Kipshoven in Richtung Bundesstraße 57 fort und heißt dort außerhalb von Beeck Am alten Schlagbaum. Vor dem Ausbau als Prämienstraße existierte auf gleicher Strecke schon der unbefestigte Bochholter Kirchweg, der vom Dorf  Buchholz nach Beeck führte. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Prämienstraße in den 1960er Jahren grunderneuert, ausgebaut und asphaltiert.

Prämienstr. ca. 1969

 

Die Erweiterung von Beeck in Richtung Wegberg auf das bis dahin unbebaute Acker-, Heide- und Gartenland begann ungefähr 1925 entlang der Prämienstraße. Die folgenden Fotos zeigen die ersten dort errichteten Häuser und den Vergleich mit der Gegenwart: 
Verschieben Sie den „Slider“ in der Mitte um zwischen 1930 und heute zu wechseln! 

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Zum Vergleich ein aktuelles Kartenbild. Die Häuser aus den beiden historischen Fotos sind hier orange markiert:

Prämienstraße Lageplan

 

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(UD)  unter Verwendung von:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Chaussee
  • Die moderne Straße: Planung, Bau und Verkehr vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, hg. von Hans-Liudger Dienel, Hans-Ulrich Schiedet, Campus Verlag, Frankfurt
  • Anweisung zum Bau und zur Unterhaltung der Kunststrassen, Berlin 1834 URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:109-1-7607186
  • http://www.volksfreund.de/nachrichten/aktionen/archiv/archiv/wochenendjournal/Wochenendjournal-Reisen-auf-Kunststrassen;art944,201187
  • http://historischer-verein-wegberg.de/bericht-radwanderung-holtum—moorshoven.html
  • www.openstreetmap.de

Zur Straßenbau-Geschichte siehe auch:  Verkehrswege 

 

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