Kriege

Krieg, immer wieder Krieg

Zusätzlich zum in jedem Jahr abzuliefernden Zehnten an den Grundherrn und dem Zehnten an die Kirche mussten die Menschen in Kriegszeiten Brandschatzungen, Plünderungen, Vergewaltigungen und Sonderabgaben hinnehmen. Es gab in der deutschen und europäischen Geschichte mehr Kriegszeiten als Friedenszeiten.

Ritter im Krieg

Wie immer in Kriegen ging es um Besitzansprüche, Reichtum und politisch-wirtschaftliche Macht. Große und kleine Adelsleute zogen über viele Jahrhunderte hinweg immer wieder mit ihren Rittern, Vasallen, Landsknechten und Söldnern in Fehden oder Kriege gegen andere Adelsfamilien und deren Gefolgschaft. Zwischen den Kriegen  gab es auch friedliche Zwischenzeiten, in denen dieselben Adelsfamilien ihre Söhne und Töchter mit denen anderer Adelsfamilien verheirateten — auch mit denen, die zuvor blutig bekriegt worden waren.Krieg im Mittelalter


Die Kriegszüge blieben nicht regional begrenzt. Nationalstaaten im heutigen Sinn gab es noch nicht.

Sieben Kreuzzüge mit Eroberungscharakter führten zwischen 1095 und 1492 nach Kleinasien und Palästina. Bei diesen Kreuzzügen wurden die Plünderungen und Ausraubungen mit religiösen Gründen rechtfertigt: Das Christentum in Gestalt der europäischen Adligen wollte dem Vordringen des Islam in Palästina, Kleinasien und dem Balkan Einhalt gebieten. Neben dem „Ruhm“, viele Ungläubige (=Moslems und Juden) getötet zu haben, brachten die Kreuzzug-Heimkehrer auch ihre reiche Raubbeute heim. Insgesamt kamen durch die christlichen Kreuzzüge mehr als 200.000 Menschen ums Leben. Alle auf den Kreuzzügen begangenen „Sünden“ (gemeint waren die  Kriegsverbrechen) wurden vom jeweiligen Papst mit einem General-Ablass vergeben. 

Die Verquickung von Kriegen mit Religion zeigt beispielhaft diese satirische Karikatur:  Religion und Krieg

Mit der Entdeckung der „Neuen Welt“ (Amerika) im Jahr 1492 boten sich wesentlich ergiebigere Beutequellen als im Mittelmeerraum. Systematisch wurden die dort erreichbaren Schätze (vor allem Gold, Silber, Kupfer und andere Bodenschätze sowie Nahrungsmittel) geraubt. Die einheimischen Ureinwohner (Indios/Indianer) wurden von den Eroberungstruppen erbarmungslos getötet — Völkermord unter christlicher Flagge und mit dem Segen der Geistlichkeit. Unter Vermittlung des Papstes wurden die Ausbeutungszonen zwischen den christlichen Seefahrernationen Spanien und Portugal aufgeteilt.
Völkermord an Indigenen

„Über die Insel Española“ [heute Haiti und Dominikanische Republik] schreibt der kritische Mönch Bartolomé de Las Casas in der ersten Hälfte des 16. Jh.:
„Die Insel Española war, wie gesagt, die erste, auf der die Christen einfielen, und dort begannen sie mit dem großen Metzeln und Morden unter diesen Leuten, und so wurde sie von ihnen zuerst zerstört und entvölkert, und dort fingen die Christen damit an, den Indios ihre Frauen und Kinder zu entreißen, um sich ihrer zu bedienen und sie zu mißbrauchen“. (Las Casas, Werkauswahl Bd. 2, 70).
„Sie bauten große Galgen, die so beschaffen waren, daß die Füße der Opfer beinahe den Boden berührten und man jeweils dreizehn von ihnen henken konnte, und zu Ehren und zur Anbetung unseres Heilands und der zwölf Apostel legten sie Holz darunter und zündeten es an, um sie bei lebendigem Leibe zu verbrennen.“ (Las Casas, Werkauswahl Bd. 2, 71).


Als Folge der kriegerischen Auseinandersetzungen sowie als Auswirkung von Eheschließungen, Erbschaften und Verpfändungen in Adelskreisen konnte sich die Gebietszugehörigkeit und damit die Obrigkeit ändern, und in der Zeit nach der Reformation mit ihr manchmal auch die Religionszugehörigkeit. Im Augsburger Frieden von 1555 wurde nämlich festgelegt, dass die Einwohner eines Gebietes die Religionszugehörigkeit ihres Fürsten anzunehmen hatten (cuius regio, eius religio). Die Bevölkerung hatte da nichts mitzubestimmen. Sie war gezwungen, jeden Konfessionswechsel (katholisch ⟷ lutherisch) ihres Fürsten mitzumachen. 
Trotz des Augsburger Religionsfriedens gingen die Feindseligkeiten und kriegerischen Scharmützel fast 100 Jahre weiter.       (UD)  

Die Städte wechselten schneller die Seiten als Geld die Hände. Ein Dorf konnte an einem Tag noch katholisch sein und zum Reich gehören und über Nacht lutherisch werden. […]
Die Welt hatte sich verkehrt, so wie eine Schrift, wenn man sie in einem Spiegel sieht. Man nahm das Dorf wieder ein, und es bekannte sich zu Rom. Das geschah gelegentlich unter Zwang, doch normalerweise war keine Gewalt nötig. Das einzige, worum sich die meisten Menschen nämlich mittlerweile sorgten, war, dass sie Brot zu essen hatten und ihr Herr anständig war. Wie er zu seinem Gott im Himmel betete, war ihnen gleichgültig. 
aus:  Neil Mackay, Des Menschen Furcht – Historischer Roman, S. 378, München 2016

Im 16. Jahrhundert wüteten mehrfach spanische Truppen im linksrheinischen Gebiet. Das katholische Spanien war aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen ihrer Königsfamilien mit den Habsburgern (Österreich) verbündet und hatte die Macht in den südlichen Niederlanden und in Belgien. Die nördlichen Niederlande konnten sich aus diesem Herrschaftsanspruch befreien und wendeten sich mehrheitlich dem Protestantismus zu. Die Konfessionsfrage wurde gerne zur Rechtfertigung der kriegerischen Handlungen benutzt.
Herzog von AlbaAuch bei Rheindahlen gab es im Jahr 1568 eine Schlacht mit vielen Toten. Wie immer traf es neben den Söldnern auch unbeteiligte Zivilisten.

Die spanischen Truppen wurden vom wegen seiner Brutalität berüchtigten Herzog von Alba angeführt. Sie sollten die abtrünnigen Niederländer, die sich ihre gewonnene Religions- und Standes-Unabhängigkeit nicht wieder wegnehmen lassen wollten, niederringen und in das System des spanisch-habsburgischen Katholizismus zurückzwingen.

Bericht aus Sicht der gelderländisch-spanischen Kriegspartei:
Der Beginn des 80jährigen Krieges
Am 21. April 1568 Ende des Mittwochs vor dem weißen Donnerstag [= Gründonnerstag vor Ostern (UD)] rekrutierte Jan Reesen, ein Kapitän aus Weert und noch ein fremder Kapitän, geusische Kriegsknechte in Weert und in allen umliegenden Orten wo Geusen waren, um dem Prinzen von Oranien gegen den König (von Spanien) zu dienen. Am guten Freitag [Karfreitag (UD)] zogen sie von Weert nach Roermond und forderten die Übergabe. Es war wenig Volk in der Stadt, weil sie entweder an der Pest gestorben oder vor ihr geflüchtet waren, die dort gewesen war. Aber trotzdem wehrten sich die verblieben Knechte so tapfer, das man von einem Wunder sprechen konnte. Die Geistlichkeit ging mit auf die Mauern und wehrte sich tapfer, die weiblichen Klosterschwestern, die noch gehen konnten, brachten Erde und Steine herbei, Männer schossen fürchterlich aus der Stadt heraus, dass viele Geusen fielen, aus der Stadt aber nur einer. Die Geusen zogen deshalb ab nach Dalen (Rheindahlen). Unterdessen kam eine große Menge Spanier der Stadt zur Hilfe; unverzüglich zogen sie hinterher, umzingelten die Geusen bei Dalen auf dem Feld und schlugen beinahe alle tot, so dass nur wenige entkamen. Kapitän Jan Reussen war nach Dalen (in die Stadt) geflüchtet, aber er wurde gefunden und mit drei Lanzen erstochen. Auch einige aus Weert konnten wundersamerweise entkommen, aber sie mußten kurz daruaf aus der Stadt flüchten, weil sie gegen den König gedient hatten. Nach Roermond ziehend, hatte die Geusen Stricke mitgenommen, um die Geistlichkeit damit zu würgen und eine Tonne voll Skapulieren (Skapulier als Teil des Ordensgewandes) um diejenigen, die sie nicht würgten, darin zu verspotten. Diese Stricke und die Tonnen wurden an Alba geschickt, der sie weiter an König Phillip sendete. Der Anschlag auf Roermond vom 23. April, der gegen den Rat des Prinzen von Oranien stattgefunden hatte, wurde hauptsächlich durch undisziplinierte und schlecht bewaffnete Truppen durchgeführt, darunter viele Flüchtlinge, die der Graf von Hoogstraten im Gelderland um sich versammelt hatte. Die Spanier unter Sanchez d’Alba und dem Grafen von Ladron vertrieben den Feind von Roermond und brachten ihm am 25. April bei Dalen im Gelderland eine vollkommene Niederlage bei.
     übersetzt aus der „Kroniek der Stad Roermond van 1562-1638.“  
       Quelle:   www.historieroermond.nl/kalendarium/kalendarium1600/kalendarium.htm#1568
       (am 30.11.2019)

Schlacht in der Dalener HeideDer Unabhängigkeitskampf der Geusen („Bettler“) genannten Niederländer dauerte 80 Jahre. Der kleine evangelische Bevölkerungsteil, der sich nur in wenigen Orten der katholischen Herzogtümer Jülich und Geldern (z.B. Wassenberg und Lövenich) als kleine Minderheit halten konnte, ist das Überbleibsel dieser Geusen. Der Herzog von Jülich war in der Religionsfrage etwas liberaler als der Herzog von Geldern. Wassenberg und Lövenich gehörten zum Herzogtum Jülich. 


BartholomäusnachtAuch im Nachbarland Frankreich gab es Machtkämpfe unter dem Vorwand der „richtigen“ Religion. Die Hugenotten – Anhänger einer vom Calvinismus geprägten Glaubensrichtung – wurden über Jahrhunderte von den katholischen Obrigkeiten unterdrückt und verfolgt, auch weil sie als Kaufleute wirtschaftlich erfolgreich waren.
In den Hugenottenkriegen (1562 bis 1598) bekämpften die herrschenden Katholiken die aufstrebenden Protestanten. Bartholomäusnacht2
Dabei kam es zu blutigen Pogromen, bei denen viele Hugenotten umgebracht wurden. Das berüchtigste Massaker fand in der Bartholomäusnacht statt. In Paris sind in dieser Nacht vom 23. auf den 24. August 1572 etwa 3000 Hugenotten getötet worden.

1685 wurde unter König Ludwig XIV den Hugenotten die Ausübung ihrer Religion strikt verboten. Aufgrund der Verfolgungen sahen sich viele Hugenotten (insgesamt eine Viertelmillion Menschen) zur Auswanderung gezwungen. Viele gingen in die protestantischen nördlichen Niederlande und in andere protestantisch geprägte europäische Länder. Einige ließen sich in liberaleren katholischen Herrschaftsbereichen Deutschlands nieder, darunter Jülich und Moers, manche gingen nach Übersee (Südafrika). Vielfach waren die Hugenotten auch in ihrem Exil erfolgreich und trugen zu einer florierenden Wirtschaft in Manufaktur, Handel und Landwirtschaft bei.
Wer in seiner französischen Heimat bleiben wollte, musste zum Katholikentum konvertieren oder seine Religion mit Gleichgesinnten heimlich im Untergrund ausüben. Erst 1787 wurde das Verbot gelockert und 1791 mit dem Code Napoleon gänzlich beseitigt.
   (UD)  

 

Marodierende Soldaten

Zitat:
Im Jahre 1591 wütete der spanisch-niederländische Krieg. […] Anfang Oktober versuchten spanische Trupps in Karken Rinder und anderes Essbare zu stehlen. Die Karkener Bauern konnten die Eindringlinge an der damaligen „Landwehr“ mit Sensen und Dreschflegeln zurückdrängen. Doch die Spanier sannen auf Rache. Und so kam es, dass sie am 7. Oktober 1591 übermächtig zurückkamen. Die Verteidiger versuchten noch auf dem Friedhof und in der Kirche Schutz zu finden. Doch die Spanier drangen selbst in die Kirche ein und richteten auch dort ein entsetzliches Blutbad an. Nach dem Gemetzel in der Kirche drangen die Spanier weiter vor. […] Man spricht von 1500 Toten.
 
 aus: SuperSonntag vom 29.10.2017, S. 23K, „Vom schwärzesten Tag in Karkens Geschichte“, Autor: Redaktion

Galgenbaum

Zitat:Kriegsschulden

 

Eine beeindruckend lange  Liste von Kriegen  findet man in:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Kriegen   (gesehen am 17.4.2017)

Allein der „Dreißigjährige Krieg“ von 1618 bis 1648 löschte ein Drittel der mitteleuropäischen Bevölkerung aus. Deutsche, Tschechen, Österreicher, Schweden, Katholiken, Protestanten – die Bevölkerung war überall der Verlierer.
Kriegsgemetzel

Andererseits kamen aus denselben Nationalitäten und Religionen auch die Söldner, Kriegsverbrecher und Kriegsgewinnler, und die Kleriker beider Konfessionen rechtfertigten das Töten bei ihrer Kriegspartei. Kriegsgewinner konnte es nicht geben – ähnlich der heutigen Situation im Syrien-/Irak-/Iran-/Türkei-/Libanon-/Israel-/Palästina-Konflikt. Es gibt nur Verlierer: Wohnungen, Werkstätten, Ernten und Infrastruktur werden zerstört. Das meiste Leid trägt immer die Zivilbevölkerung.

Soldaten-EinquartierungDas Niederrhein-Gebiet wurde im Dreißigjährigen Krieg von diversen durchziehenden Truppen durch Einquartierung, Plünderung, Brandschatzung, Zwangsabgaben und Beschlagnahmung massiv geschädigt. Bauern verloren ihre Ernte, ihr Nutzvieh, ihre Söhne; Frauen und Töchter wurden geschändet.

Das „Kriegsglück“ wechselte ständig. So zogen mal hessische, mal brandenburgische, mal luxemburgische, mal kölnische und andere Truppen durch das Land. Alle forderten „Fourage“ (Versorgung mit Futter, frischen Pferden, Lebensmittel, Bier, Wein und Schnaps) von der Bevölkerung. Die Bürgermeister, Dorfschulzen und Schöffen mussten die Ablieferungen organisieren.

Zerstörung und Plünderung eines Dorfes

Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde der Waffenstillstand zwischen den Konfessionen 1648 im Westfälischen Frieden erneuert, diesmal ausgeweitet auf Katholiken, Lutheraner und Reformierte (Calvinisten). Wieder wurde die Bekenntnisentscheidung des Landesfürsten als Vorgabe für die Bevölkerung gesetzt. Diesmal sollte die Entscheidung aber für „ewig“ gelten. Die Menschen mussten fortan nicht mehr jeden Konfessionswechsel ihres Fürsten mitmachen.
   (UD)  


[1701 – 1714]  „… der Krieg um die Erbfolge in Spanien … worum ging’s da eigentlich?“ – „Es ging, worum es immer geht, Geld und Macht. Papisten gegen Protestanten, Frankreich und England und Spanien und der Kaiser in Wien, dazu auf beiden Seiten wechselnde Verbündete – Savoyen und Bayern und die Niederlande. Der letzte spanische Habsburger, Karl II., hatte keinen Thronerben; die österreichischen Habsburger wollten ihren Thronfolger, Erzherzog Karl, zum spanischen König machen. Der wäre dann nach dem absehbaren Tod seines Vaters Kaiser in Wien und König in Madrid, viel zu mächtig für den Geschmack der Franzosen. Der alte Ludwig, Nummer vierzehn immer noch, schickt seinen Enkel Philipp nach Madrid, als König; das ist jetzt aber weder dem Kaiser noch den Engländern recht: Frankreich und Spanien zusammen, auch viel zu mächtig. Also sollen die Waffen entscheiden.“ 
aus:  Gisbert Haefs, Das Ohr des Kapitäns – Roman, S. 190-191, München 2017

Ausführliches zum spanischen Erbfolgekrieg  findet man u.a. in:
     https://de.wikipedia.org/wiki/Spanischer_Erbfolgekrieg   (am 23.12.2017)


Die Herzogs-Dynastien von Jülich und von Geldern entstammten der Überlieferung nach derselben Familie. Im 11. Jahrhundert bekam ein Bruder Geldern zum Lehen, der andere Jülich.

Es gab Zeiten, in denen der Herzog  von Jülich (in dessen Gebiet Beeck lag) auch das Herzogtum Geldern mit regierte. Das war im 14. Jahrhundert der Fall, und später noch einmal von 1538 bis 1543 unter den Herzögen Johann III. (Vater) und Wilhelm V. (sein Sohn, nebenstehend abgebildet). Das lag an gezielten Eheschließungen zwischen den beiden herzöglichen Familien und an daraus folgenden Erbschaften im Falle von ausbleibenden Thronfolgern.
In anderen Zeiten waren sich die Herzöge von Geldern und Jülich spinnefeind. Sie grenzten sich und ihre Herrschaftsgebiete gegeneinander ab.      (UD)

Ausführliches zur  Geschichte des Herzogtums Geldern  findet man u.a. in:
www.hoeckmann.de/geschichte/nrwhist.htm   (am 31.8.2014)
 
Ausführliches zur  Geschichte des Herzogtums Jülich  findet man u.a. in: www.packbierpeter.de/joomla/images/pdf/juelich.pdf   (am 26.2.2017)   und in
www.hagen-bobzin.de/hobby/Grafen_von_Juelich.html   (am 20.4.2017)

 


 

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